Gemeinnützigkeit
Das Thema "Gemeinnützigkeit von Bürgerbusvereinen“ ist mindestens so alt, wie der Bürgerbus selber. Bereits in den Anfangsjahren der deutschen Bürgerbusse hat es immer wieder Anfragen gegeben, so dass sich das Verkehrsministerium darüber mit dem Finanzministerium auseinandergesetzt hat. Da dies allerdings vor der Existenz von Pro Bürgerbus NRW stattgefunden hat und die Beteiligten inzwischen aus dem Dienst ausgeschieden sind, ist über diesen Vorgang nicht mehr bekannt, als dass eine Gemeinnützigkeit von Bürgerbusvereinen ausgeschlossen wurde, weil diese sich wie wirtschaftliche Unternehmen verhalten und Personenbeförderung gegen Entgelt anbieten, so wie ein Verkehrsunternehmen.
Der Bürgerbus Neviges/Tönisheide hatte bereits im September 2006 den Landtagsabgeordneten Marc Ratajczak eingeschaltet, der die Anfrage zum Anlass genommen hat, die Frage der steuerlichen Begünstigung von Bürgerbusvereinen an den Finanzminister zu stellen. In einem persönlichen Schreiben vom 29. September 2006 hat Minister Dr. Helmut Linssen dazu Stellung genommen. Auch wenn er nicht verkennt, dass in den Bürgerbusvereinen viele Bürger ehrenamtlich und damit selbstlos tätig sind, stellt er fest, "dass die Bürgerbuseinrichtungen, die ihrem Zweck nach der Durchführung von Personennahverkehr im ländlichen Raum dienen, in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt und zudem in einen gewissen Wettbewerb zu nicht begünstigten Betrieben (z.B. Taxi- und Mietwagenunternehmen) treten. Ein selbstloses Handeln, das nach § 55 der Abgabenordnung unabdingbare Voraussetzung für die Gemeinnützigkeit einer Körperschaft ist, kann daher bei diesen Einrichtungen nicht festgestellt werden."
Auch dass der Bürgerbus der Daseinsvorsorge der Bürger dient, wird vom Finanzminister nicht als Indiz für eine gemeinnützige Tätigkeit anerkannt. "Die öffentliche Hand betätigt sich in vielfältiger Weise im Bereich der Daseinsvorsorge, ohne dass dies durch die Privilegien der Gemeinnützigkeit begünstigt wird." Im Gegenteil seien öffentliche Verkehrsbetriebe ausdrücklich im Körperschaftssteuergesetz als steuerpflichtige Betriebe gewerblicher Art genannt.
Eine Kopie des Schreibens von Finanzminister Linssen ist hier als PDF abrufbar.
Zwischenzeitlich hat es zwar mal den einen oder anderen als gemeinnützig anerkannten Bürgerbusverein in NRW gegeben. Dies aber nur, weil die Entscheidung bei dem örtlichen Finanzamt und da bei dem jeweiligen Finanzbeamten liegt. Wenn der sich für das Bürgerbusprojekt begeistern kann, ist er vielleicht schon mal kulanter gewesen, als seine Kollegen.
Die wenigen bisher als gemeinnützig anerkannten Bürgerbusvereine haben zu ihrem Vereinszweck laut Satzung die "Förderung der Jugend- und Altenhilfe" bestimmt. Im November 2011 wurde nun allerdings nach mehrere Vorbesprechungen auf Bund-Länderebene von der Finanzministerkonferenz beschlossen, dass "der reine Ersatz oder die Ergänzung des öffentlichen Personennahverkehrs durch sog. Bürgerbusvereine keinen gemeinnützigen Zweck darstellt". Zwar wird auch festgestellt, dass die Tätigkeit eines Bürgerbusvereins als Förderung der Jugend- und Altenhilfe im Einzelfall steuerlich begünstigt sein kann. Es wird aber davon ausgegangen, dass eine entsprechend erforderliche Beschränkung der tatsächlichen Geschäftstätigkeit von Bürgerbusvereinen in der Regel nicht vorliegt (Schreiben zum Beschluss der FMK).
"Beschränkung der Geschäftstätigkeit" würde eine Beschränkung auf die Beförderung von Jugendlichen und Senioren bedeuten, was mit der Konzession als öffentlichen Nahverkehr nach § 42 PBefG nicht vereinbar ist. Der im Beschluss der Finanzminister aufgeführte Einzelfall wird es daher nach dem nordrhein-westfälischen Bürgerbuskonzept nicht geben.
Auch in 2023 gibt es auf Anfrage des NRW-Verkehrsministers Oliver Krischer eine eindeutige Antwort des Finanzminiseriums zu der Frage der Gemeinnützigkeit von Bürgerbussen. Die Rechtslage hat sich nicht geändert, Grundlagen für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit nach Steuerrecht liegen nicht vor. Hier das Schreiben des Finanzministers vom 28. Januar 2023. Der Finanzminister verweist in diesem Schreiben aber auch auf die Möglichkeit des Sponsorings im Sinne des Erlasses des Bundesfinanzministeriums vom 18. Februar 1998 (Sponsoringerlass, veröffentlicht im Bundessteuerblatt BStBl. I Seite 212). Demnach vermindern betrieblich veranlasste Geldzahlungen an einen Bürgerbusverein den Gewinn des Sponsors und damit auch dessen ertragssteuerliche Belastung mindestens in der Höhe, in der sich auch ein Spendenabzug auswirken würde.
Wenn man von der Frage absieht, ob der Status der Gemeinnützigkeit als Anerkennung für sinnvolle Tätigkeit gilt, sollte überlegt werden, inwieweit die steuerliche Begünstigung für den Bürgerbusverein überhaupt sinnvoll und nützlich ist und welche Tätigkeitsbereiche des Vereins als förderfähig anerkannt werden sollen. Satzungsgemäßer Zweck eines Bürgerbusvereins ist bei unterschiedlichen Formulierungen immer die Verbesserung der Mobilität der Bevölkerung durch ein öffentlichen Nahverkehrsangebot. Die Mittel des Vereins sind also für diesen Zweck einzusetzen. Wäre der Bürgerbusverein steuerbegünstigt und könnte steuerbegünstigende Spendenbescheinigungen ausstellen, würde dies nur für den satzungsgemäßen Zweck gelten und die dadurch verfügbaren Mittel dürften wiederum nur für diesen Zweck eingesetzt werden. Das bedeutet, dass durch Spenden letztendlich das wirtschaftliche Ergebnis des Bürgerbusbetriebes besser gestellt werden könnte, also das jährliche Defizit verringert oder eine höhere Rücklage gebildet würde. Da die finanzielle Absicherung des Bürgerbusbetriebes jedoch immer von der jeweiligen Kommune übernommen wird, würde eine Entlastung letztendlich auf den Gemeindehaushalt zurück fallen. Von Spenden, die zur Deckung der Betriebskosten eingesetzt werden, profitiert also nicht der Bürgerbusverein, sondern der Kämmerer. Der städtische Haushalt jedoch ist nicht steuerbegünstigt.
Bürgerbusse werden vom Land als zusätzliches Angebot im öffentlichen Personennahverkehr gefördert. Wichtig ist hier das Wort "öffentlich", denn die Genehmigung für diesen Betrieb ergibt sich aus § 42 des Personenbeförderungsgesetztes, der anders als die Sonderformen des Linienverkehrs keinen Ausschluss von Personen vorsieht. Ein Bürgerbusverein, der nach seiner Satzung lediglich die Beförderung einzelner Bevölkerungsteile zum Ziel hat. könnte demnach seine Förderung gefährden.
Steuerbegünstigte Vereine unterliegen darüber hinaus einer strikten Kontrolle durch das Finanzamt, das regelmäßig wissen will, ob die Mittel des Vereins auch überwiegend für den steuerbegünstigten Zweck eingesetzt wurden und nicht für eine Jubiläumsfeier oder ähnliches. Aus den genannten Gründen hat sich der Vorstand von Pro Bürgerbus NRW bisher nicht für die Anerkennung der Gemeinnützigkeit von Bürgerbusvereinen eingesetzt. Dieser Standpunkt wurde mehrmals und zuletzt am 15. Oktober 2011 von der Mitgliederversammlung mehrheitlich unterstützt.